Was bedeutet der aktuelle Photovoltaik-Boom für uns?

Der europäische Solarverband Solar Power Europe hält bis zum Jahr 2030 einen Photovoltaik-Zubau in Europa von über einem Terawatt für möglich. Ein Zeithorizont von sieben Jahren. Beachtlich bedenkt man, dass das erste Terawatt seit Nutzung der Solarenergie erst im vergangenen Jahr weltweit berechnet wurde. Erfahren Sie Spannendes dazu im Interview mit Thomas Cadonau, Leiter Einkauf bei MBRSolar AG:

1. Seit wann arbeitest du als Leiter Einkauf für die MBRsolar AG?

Thomas: «Ich kannte die Firma MBRsolar bereits als Modulverkäufer und durfte sie als meinen grössten Kunden bedienen. Irgendwann fragte mich Christian Wolf an, ob ich nicht direkt zu ihnen wechseln wollte. So kam es, dass ich im Mai 2014 die Seite wechselte und bei der MBRsolar AG einstieg.»

2. Wie hat sich die Planung bezüglich Materials die letzten neun Jahre verändert?

Thomas: «Früher, als die Auftragslage noch überschaubar war, bestellten wir unregelmässig auf Sicht was wir gerade benötigten. Damals gab es auch noch keine solchen Lieferengpässe wie heute. Inzwischen bearbeiten wir die ganze Planung natürlich systematisch und strukturiert mithilfe eines ERP-Programmes. Darin sind auch zukünftigen Aufträge erfasst, was uns die Planung erleichtert und wir sind heute in der Lage, Bestellungen frühzeitig auslösen. Unsere interne Planungssicherheit hat sich also merklich gesteigert.

Gleichzeitig hat sich die Komplexität massiv erhöht. In den Anfangsjahren der MBRsolar bauten wir mehrheitlich einfach Dachanlagen in der Landwirtschaft - also grosse Dächer ohne Schnickschnack. Inzwischen werden wir auch von der Industrie oder für Privathäuser angefragt. Solche Anlagen sind vielseitiger und erfordern z.B. mehr elektronische Komponenten oder Auflagen, welche es zu beachten gibt.

Hatten wir früher einen einzigen Lieferanten, beziehen wir in der aktuellen Situation von unterschiedlichen Anbietern unsere Ware. Dies erfordert eine bessere Organisation, Übersicht und generiert natürlich mehr Aufwand. Wir verbessern so aber auch die Chance, nicht von einem Lieferanten abhängig zu sein und können etwas besser mit Lieferengpässen umgehen.»

3. Wieso boomt das Thema Photovoltaik plötzlich weltweit?

Thomas: «Einerseits heizen die Medien um einen möglichen Strommangel etc. das Thema Erneuerbare Energien immer wieder an. Andererseits ist eine Photovoltaikanlage aktuell die günstigste und schnellste Methode neue Stromkraftwerke zu erstellen. Und jeder kann sich eine eigene Anlage bauen lassen, wenn er will - egal ob Grosskonzern oder Einfamilienhaus. Die angestrebte Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, die CO2-Neutralität der Energieproduktion und nicht zuletzt steuerliche Anreize sind zusätzliche Treiber unserer Kunden eine eigene PV-Anlage zu besitzen. Deutschland ist mit einem Zubau von 7.2 Gigawatt (GW) im Jahr 2022 derzeit der grösste PV-Markt in Europa, die Schweiz hat im Jahr 2022 mit einem Zubau von 1 GW auch einen Rekord aufgestellt.

Weltweit ist die jährliche Installation von PV-Anlagen von 175 GW im Jahr 2021 auf 268 im Jahr 2022 gestiegen. Im Jahr 2023 erwartet man eine Gesamtinstallation von 316 GW, davon 48 GW in Europa.»

4. Welches sind die aktuellen Herausforderungen in der Beschaffung und wie meistert MBRsolar diese?

Thomas: «MBRsolar legt grossen Wert auf Qualität und bevorzugt regionale Lieferantenbeziehungen. Wir beziehen beispielsweise unsere Solarmodule zu 75% aus Deutschland und Wechselrichter der Firma SMA Solar Technologie kommen aus europäischer Produktion. Die vielen Solarkabel kaufen wir in der Schweiz ein. Doch jedes dieser Materialen verwendet wieder einzelne Rohkomponenten, welche oft nur in Asien gefertigt werden können. Leider blockiert uns dies dann trotzdem wieder früher oder später.

Konkret unterliegen wir der Herausforderung bei der Beschaffung vom zweitteuersten Werkstoff einer Solaranlage: dem Wechselrichter, ohne welchen keine Anlage funktioniert und folglich kein Strom fliesst. Letztes Jahr konnten wir dank früher Vorausbestellung der Komponenten alle gebauten Anlagen auch offiziell in Betrieb nehmen. Dieses Jahr sind noch nicht alle Anlagen gewährleistet, weil wir seitens Lieferanten keine verbindlichen Liefertermine für Wechselrichter erhalten, welche bereits im Frühling 2022 von uns bestellt wurden. Wir sitzen sprichwörtlich etwas auf Nadeln und diese Situation beeinflusst unsere gesamte Planung bis zur Montage. Uns sind die Hände in dieser Sache leider gebunden und unsere Kunden müssen viel Geduld zeigen.

Bei den Solarmodulen beobachten wir aktuell sinkende Preise aufgrund tiefer Polysiliziumpreise. Grössere Preiserhöhungen befürchten wir jedoch aufgrund dem Nachfrageüberschuss bei Wechselrichtern und diversen Elektronikkomponenten.»